Verabschiedung

von Albert Sieberer
02. August 2022

Von der Bildungdirektion Tirol wurde Direktor Albert Sieberer im Rahmen einer kleinen Feier in Kufstein in den Ruhestand verabschiedet. Die Lehrer und Schüler der Mittelschule Westendorf taten dies am vorletzten Schultag mit einem eigens dafür vorbereiteten Lied und vielen guten Wünschen. Schließlich stellten sich am Zeugnistag auch noch die Elternvertreterinnen mit Glückwünschen und Dankesworten ein.

Zum Abschied

Arthur Schnitzler sagte einmal: „Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut.“ 

Ein Lebensabschnitt ist für mich zu Ende gegangen, erlauben Sie mir deshalb einen kleinen Blick zurück.

41 Jahre lang war die Schule in Westendorf meine Arbeitsstätte. Viele Kinder und Jugendliche haben in dieser Zeit vier oder fünf Schuljahre in diesem Haus verbracht, viele davon habe ich auch selbst unterrichtet.

Es hat sich viel verändert in diesen 41 Jahren. Unterrichtsfächer wurden abgeschafft (z.B. MS und Steno), andere kamen hinzu (z.B. SOL, BO und INF). Aus Leistungsgruppen wurden Leistungsniveaus, die Notengebung wurde stark verändert – und auch die Menschen haben sich verändert, etwa durch die digitalen Medien (Handy und Co.) und eine veränderte Arbeitswelt. Erleichterungen und Verbesserungen für die Kinder wurden bei uns eingeführt, die mittlerweile „ganz normal“ geworden sind, etwa die Möglichkeit der erweiterten Frühaufsicht im Winter für jene, die sehr früh mit dem Taxi in die Schule kommen, oder das warme Mittagessen. Ganz wesentlich war mir vor allem, die Eltern möglichst umfassend zu informieren.

Die Hauptschule Westendorf war von Anfang an eine Bildungsstätte, die mit neuen Ideen voranging und den Bildungsauftrag ernstnahm. Hier wurde in den Siebzigerjahren (gemeinsam mit Fieberbrunn und Steinach am Brenner) die Landhauptschule geboren, die dann später in Tirol zu Regelschule wurde, hier wurden erstmals Leistungsgruppen getestet, und diese Schule wurde auch gebeten, als „Modellschule“ eine Alternative zur verordneten Neuen Mittelschule zu bieten. Obwohl die Modellschule aus politischen Gründen nicht lange Bestand hatte, haben wir aus den Erfahrungen viel profitiert und konnten mit großem Vorsprung in das heutige System starten. Aus der Modellschule sind z.B. die Schwerpunktfächer entstanden, wobei vor allem eine zweite Fremdsprache (meist Italienisch) viele Kinder anlockt. 

Das System der Mittelschule bietet zweifellos viele positive Aspekte. Vor allem das „Team-Teaching“ hat sich dabei als wesentlich herausgestellt. Aus diesem Grund haben wir uns in den letzten Jahren vor allem damit beschäftigt, wie die zusätzlichen Lehrkräfte am besten eingesetzt werden können. Vor allem in den Corona-Phasen war dies wichtig.

Dass der eingeschlagene Weg mit dem Willen, Neues zu erproben, erfolgreich war, zeigten uns zuerst die vielen positiven Rückmeldungen aus den höheren Schulen, die unsere Kinder in der Folge besuchten, dann aber vor allem die Ergebnisse der österreichweiten Bildungsstandards-Testungen, bei denen wir immer bei den besten Mittelschulen Tirols dabei waren und auch immer wieder manche Gymnasien übertrafen – wohl eine herausragende Leistung, wenn man bedenkt, dass wir ja nicht nur leistungsstarke Schüler unterrichten. 

Solche Leistungen sind nur möglich, wenn alle an einem Strang ziehen, vor allem die Lehrerschaft, bei der ich mich für den Einsatz bedanken möchte. In diesem Zusammenhang freut es mich ganz besonders, dass wir den Kindern immer wieder großartige Veranstaltungen bieten können (Wienwoche, Sportwoche, verschiedene Exkursionen), denn solche gemeinsamen Aktivitäten sind für die Klassengemeinschaft immens wichtig. 

Ich danke auch den Eltern, mit denen ich - mit nur ganz wenigen Ausnahmen – eine sehr gute und vertrauensvolle Gesprächsbasis aufbauen konnte, den beiden Sprengelgemeinden, die uns mit ganzer Kraft unterstützen und für viele Wünsche offene Ohren haben, und unserem hilfsbereiten Schulwart mit seinem Damenteam, das vor allem dafür sorgt, dass diese Räume auch nach zum Teil über fünfzig Jahren noch eine durchaus gute Lernatmosphäre bieten.

Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für alle Beteiligten sehr schwierig. Niemand war auf „Home Schooling“ und Schichtbetrieb vorbereitet, zudem fehlten wichtige Voraussetzungen, etwa eine leistungsfähige Internetverbindung. Trotzdem gelang vieles besser, als man es erwartet hatte – zumindest am Anfang. Je länger die Corona-Phasen wurden, umso drängender wurde bei Schülern und Lehrern der Wunsch nach einem normalen Unterricht. Die Politik dachte bei vielen Maßnahmen aber nur wenig an die Heranwachsenden. Wie wir mittlerweile wissen, war das ein schwerer Fehler. Die Zahl der Jugendlichen mit psychischen Problemen ist rasant gestiegen und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis der Schulalltag wieder in ganz normalen Bahnen verlaufen kann!

Meinem Nachfolger Walter Leitner-Hölzl wünsche ich alles Gute und viel Kraft für seine neue Aufgabe. Allen Schülern und ihren Lehrern wünsche ich einen guten Start ins neue Schuljahr.

Albert Sieberer